Im Moment ist es ein Leben wie im Zeitraffer: Am letzten Wochenende noch eine sehr interessante Dienstreise nach Katar, von Donnerstag bis Sonntag SPD-Parteitag in Berlin, am Montag Beginn des Vermittlungsverfahren in Berlin zum Klimaschutz und so geht es weiter bis Weihnachten. Über jedes einzelne dieser Themen könnte ich hier eine Kolumne schreiben, und vor allem der weitere Kurs der SPD unter der neuen Führung von Saskia Esken und Norbert Walter-Borjans wird im nächsten Jahr spannend sein.

Gerade in einem solchen Getümmel ist es nicht schlecht, von etwas ganz anderem zu berichten. Vor anderthalb Wochen habe ich wieder einmal ein kleines Praktikum in einem fremden Beruf gemacht. Das mache ich seit vielen Jahren und auch in Pflegeheimen bin ich schon oft gewesen, in der ambulanten Pflege war ich noch nie. Mit Schwester Tatjana vom DRK Alfeld bin ich ein paar Stunden unterwegs gewesen und es war enorm lehrreich.

Eigentlich ging es mir vor allem darum, die Arbeitsbedingungen von Beschäftigten in der Pflege näher kennenzulernen und das ist sehr intensiv geschehen: Dass für die „Große Wäsche“ genau sechzehn Minuten vorgesehen sind (da brauche ich morgens im Badezimmer länger) oder wie der Tagesplan durcheinander kommen kann, wenn Pflegekräfte einem Trecker auf der Landstraße hinterher schleichen müssen, oder wie die Krankheit des einen Kollegen den Stress der anderen noch mal erhöht. Ich habe vieles gelernt, was ich in den weiteren Diskussionen über die Pflege in Niedersachsen im Hinterkopf behalten werde.

Beinahe noch mehr beeindruckt hat mich aber etwas Anderes – die Lage der alten Frauen, die ihre alten Partner oder auch Kinder pflegen müssen und dabei von der ambulanten Pflege unterstützt werden. Das sind aber nur kurze Besuche, der Zeitdruck ist hoch. Den Rest des Tages sind sie alleine, mit der Pflege und ebenso mit den Sorgen. Für viele ist der Besuch der Pflegekraft womöglich der einzige andere soziale Kontakt am Tag und zwar an vielen Tagen. Was das heißt, mag ich mir kaum ausmalen. Vor diesem Hintergrund ist es bedrückend zu hören, dass die Gespräche auch noch kurz und knapp ausfallen müssen, denn die Zuwendung für Angehörige ist nun einmal keine Pflegeleistung in dem geltenden System.

Es dürften Millionen Menschen in unserer Gesellschaft sein, die in einer solchen Lage sind und über die nicht groß gesprochen wird. Diesen Menschen das Leben etwas leichter zu machen, ist eine politische Aufgabe, die wichtiger ist als manche andere. In Niedersachsen werden wir in den nächsten Monaten in intensiven Gesprächen mit den Kassen, Trägern und anderen Beteiligten genau darüber zu reden haben, und dieser Nachmittag in Alfeld hat mich dazu noch einmal mehr motiviert.

Nachdem der Streit über die Beiträge für die niedersächsische Pflegekammer beendet ist (das übernimmt künftig der Landeshaushalt), ist nicht die Diskussion über die Zukunft der Pflege zu Ende. Im Gegenteil, hoffentlich geht es jetzt nur noch um die eigentlich Kernfragen, für die Beschäftigten und nicht weniger für die alten Menschen und ihre Angehörigen.

Ich wünsche Euch eine gute Woche.